Seit den Bemühungen, insbesondere der letzten 15 Jahre, den Wärmeschutz zum Zweck der Energieeinsparung deutlich zu verbessern kommt es immer häufiger zu Schimmelpilzbefällen, insbesondere älterer Wohnhäuser im Bestand. Diese Befälle geben den Beteiligten in zunehmenden Maß Rätsel auf, sind die Zusammenhänge und Gründe dafür doch denkbar einfach zu erklären.
Schimmel benötigt für sein Wachstum Feuchtigkeit. Entgegen früheren Meinungen gilt heute als erwiesen, daß um Schimmelpilzwachstum zu ermöglichen eine relative Luftfeuchtigkeit von >80% an der betreffenden Bauteiloberfläche ausreicht. Diese Bedingungen müssen über einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen vorliegen.
Generell stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung, auf welche unzuträglich hohe Feuchtigkeit im Bereich eines Bauteils entstehen kann:
Während die Vermeidung der Ursachen der Punkte 1 und 2 ohne weitere Erklärungen deutlich wird gestaltet sich die Ursachenfindung unter Punkt 3 oft schwierig. Da dieser Punkt jedoch als Hauptursachenkategorie der heutigen Schimmelpilzerscheinungen bezeichnet werden darf, lohnt es sich, weitere Überlegungen dazu anzustrengen.
Der Mechanismus der Tauwasserbildung ist immer der gleiche. Warme Luft einer bestimmten relativen Luftfeuchtigkeit gelangt an kältere Bauteiloberflächen und kühlt sich ab. Da kalte Luft in der Lage ist weniger Wasser aufzunehmen als warme Luft erhöht sich durch das Abkühlen der Luft deren relative Feuchtigkeit. Überschreitet die relative Feuchte den Schwellenwert von 80% im Bereich der kälteren Bauteiloberflächen, kommt es zum Wachstum von Schimmelpilzen aus den, überall in der Luft vorhandenen, Schimmelsporen.
Die Innenoberflächen der Außenbauteile sind in der kalten Jahreszeit immer kälter als die übrige Innenraumluft. Dies ist unabhängig von der Art und Höhe der vorgenommenen Wärmedämmung der Außenbauteile. Eine Wärmedämmung ist niemals in der Lage den Wärmeverlust (und dieser ist die Ursache der kälteren Innenoberflächentemperaturen) völlig auszuschalten. Durch Wämedämmung wird stets nur die Geschwindigkeit des Wämeabflusses vermindert. Der Temperaturunterschied zwischen Innenraumlufttemperatur und Innenoberflächentemperatur der Außenbauteile jedoch wird maßgeblich durch die Qualität des ausgeführten Wärmeschutzes beinflußt. Ist die Wämedämmung ungenügend wird ein sehr großer Temperaturunterschied zwischen Innentemperatur und Oberflächentemperatur der Außenwand vorliegen. Dies natürlich nur, wenn außenseitig tiefe Temperaturen herrschen. Ist die Innenoberflächentemperatur der Außenwand sehr niedrig, kühlt sich die Raumluft im Bereich der Wandoberfläche sehr stark ab und es kommt zur Überschreitung des Taupunktes (100% relative Luftfeuchtigkeit) bzw. zur Überschreitung des Grenzwertes für Schimmelpilzwachstum von 80% rF.
Andererseits kommt es ebenfalls zu einer unzuträglich hohen Luftfeuchtigkeit im Bereich der Wandoberfläche, wenn zwar der Wärmeschutz gut ist (der Temperaturunterschied zwischen Raumluft und Wandoberfläche also klein ist) aber die relative Luftfeuchtigkeit im Raum bereits so hoch ist, daß der kleine Temperaturunterschied zur Wandoberfläche ausreicht eine relative Luftfeuchtigkeit im Bereich der Wandoberfläche von mehr als 80% zu erreichen. Die so erhöhte Luftfeuchtigkeit im Raum kann z.B. durch zu weniges Lüften oder Heizen entstehen, oder durch eine übermäßige Feuchteproduktion (Kochen, Duschen, zu viele Zimmerpflanzen, etc.).
Demzufolge unterscheidet man also zwei mögliche Ursachen für tauwasserbedingten Schimmelbefall:
Dies ist der Hintergrund der viel geführten Diskussion - mangelhafter Wärmeschutz oder falsches Nutzerverhalten.
Weshalb nun tritt aber der Schimmelbefall gerade in den letzten zehn Jahren verstärkt auf, obwohl in dieser Zeit eine deutliche Verbesserung des Wärmeschutzstandards stattgefunden hat? Zur Beantwortung dieser Frage ist es notwendig einen Rückblick in das Benutzerverhalten und die bauliche Situation der früheren Jahre vorzunehmen:
In früheren Jahren wurde dem Wärmeschutz keine sehr große Bedeutung geschenkt. In Zeiten des Wiederaufbaus war es wichtig in möglichst kurzer Zeit ausreichend Wohnraum zu schaffen. Rohstoffe / Baumaterialien waren knapp, wurden zum Teil aus dem Schutt der im Krieg zerstörten Häuser gewonnen. Die finanziell zur Verfügung stehenden Mittel waren äußerst niedrig, während Arbeitskräfte ausreichend vorhanden waren. Die so errichteten Gebäude wiesen keinen besonderen Schutz gegen Wärmeverluste auf. Die Heizkosten wurden flächen- bzw personenbezogen abgerechnet.
Aufgrund der in diesen Zeiten herrschenden Situation wurde eine ganz erhebliche Menge an Gebäuden errichtet, welche weder einen besonderen Wärmeschutz erhielten, noch Wert auf die Luftdichtheit der Gebäude gelegt wurde. Dies hatte zur Folge, daß bedingt durch die hohen Lüftungswärmeverluste, welche auf natürliche Art durch Undichtigkeiten stattfanden, sehr viel geheizt werden mußte. Durch dieses Heizen, in Verbindung mit der natürlichen Lüftung durch hohe Wärmeverluste kam es, daß in den 70 er Jahren eher das Problem einer zu trockenen Innenraumluft, welche gesundheitsgefährdend ist, bestand. Für die Baukonstruktion war dies jedoch sehr gut. Schimmelbefall war so ein Fremdwort.
Mit der mehrmaligen Novellierung der Wärmeschutznorm DIN 4108, sowie mit der Umsetzung des Energiespargesetzes durch Einführung der Wärmeschutzverordnungen wurde nun die Luftdichtheit der Gebäude ständig verbessert. Unkontrollierte Lüftungswärmeverluste mußten vermieden werden. Dies geschah beispielsweise durch den Einbau neuerer Fenster, welche erheblich höhere Dichtigkeiten aufwiesen, als die alten Holzfenster, teilweise ohne jegliche Dichtung.
Da jedoch eine gleichzeitige Verbesserung der Wärmedämmung an bestehenden Gebäuden einen sehr hohen Kostenaufwand erzeugt, wurde dieser meist unterlassen. Auf diese Weise wurden in den Gebäuden verträgliche Luftfeuchtigkeiten zwischen 50 und 60% erzeugt. Das bis dahin unbekannte Problem der niedrigen Innenoberflächentemperaturen tritt nun in Erscheinung. Da es die Nutzer der Gebäude bisher nicht gewohnt waren, auf ausreichendes Lüften zu achten (es zog ja sowieso durch jede Ritze) wurde dies auch in der Zukunft vernachlässigt.
Bedingt durch das Bewußtsein, daß die heute zur Energiegewinnung verwendeten Rohstoffe in absehbarer Zeit aufgebraucht sind, haben wir zum heutigen Zeitpunkt einen sehr hohen Standard hinsichtlich Wärmeschutz und Luftdichtheit erreicht. Unsere Gebäude haben nur noch minimale Lüftungswärmeverluste, die Regeldämmstoffdicken im Bereich der Aißenwände liegen bei 180 - 200 mm (WLG 040).
Je höher der Wärmeschutz der Normalkonstruktion ist, desto stärker wirkt sich eine Fehlstelle in dieser Wärmedämmung, eine sogenannte Wärmebrücke aus. Wärmebrücken sind konstruktions- oder geometrisch bedingt und lassen sich nicht immer vollständig vermeiden. Hinzu kommt, daß das Bewußtsein über die schädlichen Auswirkungen von Wärmebrücken nicht so schnell gewachsen ist, wie das Bewußtsein für einen hohen Wärmeschutz. Diese Wärmebrücken (z.B. Deckenauflager, Außenecke, etc.) wirken sich bei unzureichender Berücksichtigung unter dem heutigen hohen Wärmeschutz so stark aus, daß diese ein Grund für Schimmelbildung der heutigen Zeit sind.
Ebenso ist durch die verbesserte Luftdichtheit der Gebäude heute ein effektives, richtiges Lüften unerläßlich. Zwar ist den meisten Nutzern die Notwendigkeit des Lüftens zwischenzeitlich bekannt, leider muß aber festgestellt werden, daß zum Großteil völlig falsch gelüftet wird. Hier sind die Wohnungsgesellschaften, die Verwaltungen und alle Vermieter gefordert entsprechende Leitfäden, welche bereits in gedruckter Form vorliegen, an Ihre Mieter auszuhändigen und deren Einhaltung zu überwachen.
Die heute in Erscheinung tretenden Schimmelerscheinungen resultieren im allgemeinen aus einer Weiterentwicklung des Wärmeschutzes unter unzureichender Anpassung der Nutzer und unter unzureichender Berücksichtigung bei der Bauausführung und Planung der Detailpunkte.
In der Praxis wird seitens der Gerichte oft die Frage an den Sachverständigen gestellt: Ist der Schimmelbefall auf eine mangelhafte Bauausführung oder auf fehlerhaftes Nutzerverhalten zurückzuführen. Während die Frage in einigen wenigen Punkten sehr eindeutig zu beantworten ist, ist es in vielen Fällen so, daß der Wärmeschutz zu den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes, geltenden Regeln in Ordnung ist. Eine mangelhafte Bauausführung kann also nicht bestätigt werden. Allerdings ist ebenfalls keine falsches Nutzerverhalten zu erkennen, da der Bewohner für die heute errichteten Bauwerke und nach den heute geltenden Regeln (und nach diesen lebt schließlich jeder Mensch) ausreichend lüftet und heizt. Vielmehr ist es so, daß faktisch oft gesagt werden muß, bei der vorliegenden Konstruktion ist auch unter regelgerechten Nutzerverhalten Schimmelbildung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, gleichwohl entspricht die Konstruktion den zum Zeitpunkt der Abnahme geltenden anerkannten Regeln der Technik. Die Folge ist, daß es ein juristisches Problem bleiben wird (und die diesbezüglichen Urteile sind alles andere als eindeutig) inwieweit der Vermieter seinen Mieter hätte auf erhöhte Lüftungsmaßnahmen hinweisen müssen oder ob der Eigentümer gar verpflichtet gewesen wäre unter hohen Kapitaleinsatz den Wärmeschutz des Gebäudes zu verbessern.
Um diesen möglichen nachteiligen Folgen zu entgehen, ist jedem Hausbesitzer und Vermieter angeraten, sofern es sich um ein älteres Gebäude mit schlechten Wärmeschutzstandard handelt, im Mietvertrag auf die notwendigen erhöhten Maßnahmen zur Vermeidung einer Schimmelbildung und einer damit verbundenen Schädigung der Baukonstruktion hinzuweisen. Durch den Verfasser wird empfohlen bei entsprechend alten Gebäuden vermieterseits leicht ablesbare Hygrometer in die Mieträume einzubauen und die Vermieter zur Überwachung einer unschädlichen Raumluftfeuchte zu überwachen. Notwendigenfalls müssen künstliche Lüftungssystem eingebaut werden um das Problem in den Griff zu bekommen.
Im vorliegenden Artikel wurde versucht, den Zusammenhang zwischen Schimmelbildung, baulichen Wärmeschutz und Nutzerverhalten darzustellen. Generell kann nicht gesagt werden, daß sich Nutzer in der einen oder anderen Art zu verhalten haben. Immer ist das Nutzerverhalten auf die Art der Baukonstruktion abzustellen. Da Nutzer von Gebäuden oft bautechnische Laien sind, sind des die Vermieter welche für eine ausreichende Aufklärung der Nutzer verantwortlich sind. Deshalb wird sich in der Zukunft immer mehr durchsetzen, dem Käufer eines Hauses bzw. dem Mieter eine Art "Gebrauchsanweisung" für das spezielle Objekt mitzugeben, ähnlich wie dies beispielsweise bei Automobilen schon immer üblich ist. Eine Gewährleistung übernimmt der Verkäufer / Vermieter dann nur noch, wenn sich entsprechend dieser Gebrauchsanweisung verhalten wurde. Dies im Streitfall zu überprüfen wird den Sachverständigen der Gerichte zukommen.
Dipl.-Ing. (FH) M.BP. Michael Silberhorn · Zwingerstraße 2, 91161 Hilpoltstein · Am Mühlbach 8, 92342 Freystadt · Telefon 09174/9760-706